Lou Andreas-Salomé:
Erzählerin, Essayistin und Psychoanalytikerin
Lou Andreas-Salomé ist vielen vor allem als „Muse großer Männer“ ein Begriff – die thematische Bandbreite und die Qualität ihrer eigenen Arbeiten blieben lange Zeit weitgehend unerkannt. Die Neuedition ihres Werks durch die MedienEdition soll helfen, diese Sicht zu korrigieren, denn tatsächlich hat kaum eine Frau mit ihren Beiträgen zu Philosophie, Literatur und Wissenschaft den Diskurs der Jahre um 1900 so entscheidend mitgeprägt wie Lou Andreas-Salomé (1861–1937).
Die kluge und schöne Weggefährtin von Friedrich Nietzsche, Rainer Maria Rilke und Anna und Sigmund Freud war eine engagierte und erfolgreiche Erzählerin, Essayistin und Psychoanalytikerin und ihren Gesprächspartnern intellektuell ebenbürtig. In ihrer Feinsinnigkeit und Unangepasstheit zählt Lou Andreas-Salomé zu den originellsten Geistern jener Epoche und zu den Psychoanalytikern der ersten Generation.
Paul Rée und Friedrich Nietzsche:
Lou Andreas-Salomé lebt kompromisslos
Geboren wurde Louise von Salomé am 12. Februar 1861 in St. Petersburg. Sie wuchs wohl behütet auf und genoss in der Familie ein intellektuell engagiertes Umfeld. Ihre glückliche Kindheit erwies sich als Grundlage und Ausgangspunkt für ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben, in dem sie intensive Begegnungen mit vielen Größen ihrer Zeit pflegte. Lou Andreas-Salomé folgte ihrem Wissensdrang mit kompromissloser Aufrichtigkeit, sie gestaltete ihr Leben souverän und mit großer intellektueller Prägnanz.
Nach dem Tod des Vaters lebte Lou ab 1880 mit ihrer Mutter zunächst in Zürich, später in Rom. Sie studierte unter anderem Religionswissenschaften, Metaphysik, Archäologie und Geschichte. Mit Paul Rée und Friedrich Nietzsche verband sie eine intensive Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft, die letztendlich an der Eifersucht der beiden Männer und einem immer wieder zu verbalen Ausbrüchen neigenden Nietzsche scheiterte.




Friedrich Carl Andreas, Sigmund Freud, Anna Freud:
Intensive Begegnungen und Verbundenheit
1886 lernte Lou ihren künftigen Mann, den Orientalisten Friedrich Carl Andreas kennen. 1887 heirateten sie und führten eine nicht unkomplizierte, letztlich offene Ehe mit diversen Auseinandersetzungen und durchaus komplexen „Arrangements“. Doch die Gemeinschaft hielt am Ende über 40 Jahre, trotz aller Schwierigkeiten, geprägt von gegenseitigem Respekt und großer Zuneigung.
Von 1903 ab an lebten Lou und Friedrich Carl in Göttingen, er lehrte am Lehrstuhl für Westasiatische Sprachen. Lou mochte Haus und Hof, reiste aber nach wie vor viel. 1911 lernte sie Sigmund Freud kennen, dem sie bis zu Ihrem Tode eng verbunden blieb, nicht zuletzt durch ihre spätere Freundschaft mit seiner Tochter Anna. 1915 eröffnete Lou im Göttinger Domizil die erste psychoanalytische Praxis der Stadt, die sie bis 1935 führte. Im Alter war Lou herzkrank und oft sehr schwach, ihr Mann umsorgte sie, sie waren einander so nah wie vielleicht nie zuvor. Friedrich Carl Andreas starb 1930, sieben Jahre später starb auch Lou. Sie wurde im selben Grab beigesetzt – allerdings ohne Namensnennung. Die heutige Inschrift „Lou“ wurde erst … angebracht.



