Der heimliche Weg. Drei Scenen aus einem Ehedrama (1901)

Werkedition Bd. 15
(Literarisches Werk Bd. 8)

»Der heimliche Weg. Drei Scenen aus einem Ehedrama« erschien im Winter 1900/01. Im literarischen Werk von Lou Andreas-Salomé nimmt diese Erzählung eine Sonderstellung ein, denn im Mittelpunkt steht keine einzelne Protagonistin, sondern ein berufstätiges Ehepaar mittleren Alters, das an einem Lebenswendepunkt steht. Wechselseitige Heimlichkeiten lassen diese Ehe, »die harmonischste im ganzen Zarenreich«, an einem einzigen Wintertag zerbrechen.

Lou Andreas-Salomé wirft in dieser Erzählung existentielle Fragen auf: Können sich Männer und Frauen überhaupt verstehen? Oder geht jeder Mensch letztlich doch seinen eigenen, »heimlichen« Weg, den er auch vor dem Partner verbirgt? Außerdem hält Lou Andreas-Salomé allen modernen berufstätigen Frauen einen Spiegel vor: Sind diese abgearbeiteten Frauen wirklich glücklich? Das moderne Berufsmenschentum entlarvt sie als eine Sphäre männlicher Selbstverwirklichung, die dem weiblichen Wesen nicht entspricht. »Liebesmenschen sind wir«, lautet ihre Gegenvision. Mit diesen »Unzeitgemäßen Betrachtungen« zu Erotik und Frauenfrage tritt Lou Andreas-Salomé im kulturkritischen Diskurs der Jahrhundertwende als ein weiblicher Nietzsche auf.

»Der heimliche Weg« ist eine unbequeme, den Leser fordernde, aber weitgehend vergessene Erzählung von Lou Andreas-Salomé. Hier erscheint sie zum ersten Mal in Buchform und zum ersten Mal seit ihrem Erstabdruck 1901.

Editorische Notiz

Dieser Band enthält in ungekürzter Form den Text der Erzählung »Der heimliche Weg. Drei Scenen aus einem Ehedrama«. Die Edition basiert auf dem Erstabdruck, der 1900/01 als Fortsetzungsfolge in der Zeitschrift »Über Land und Meer« erschienen ist.

Die ursprüngliche Rechtschreibung und Zeichensetzung wurden beibehalten. Der Text ist noch vor der Rechtschreibreform 1901 entstanden, so dass die altertümliche Schreibung von th statt t, c statt k oder z, ie statt i oder auch von »Accent« und »Kniee« erhalten bleibt. Nicht eingegriffen wurde in sprachliche Verschleifungen (wie z.B. »Jahr« statt »Jahre« oder »unsren« statt »unseren«) und dialektbedingte Ausdrucksweisen (wie »ums Himmels willen«). Fehlende Satzzeichen (wie Punkt am Satzende oder Ausführungszeichen) wurden stillschweigend ergänzt. Ebenfalls stillschweigend wurden Rechtschreibfehler (z.B. »teilnahmlos« oder »Wiederschein«) und die Verschreibungen von Eigennamen (»Philoppowna«, »Marosow«, »Eberhardt«) korrigiert. Alle weiteren Änderungen oder Ergänzungen durch die Herausgeberin sind durch eckige Klammern kenntlich gemacht.

Sperrungen des Erstdrucks wurden kursiviert, die Umlaute »Ae« und »Ue« als »Ä« und »Ü« wiedergegeben.

Ausgaben

Erste und einzige Publikation in der Zeitschrift »Über Land und Meer«, 17(1901)

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